Wiesbadener scheinen ein empfindliches Völkchen zu sein:
Ort des Geschehens: Mohrenstraße (Karte von Openstreetmap, Satellitenbild von Google)
Er überholt mich in der Mohrenstraße Richtung Gendarmenmarkt an dem blöden Knick in der Straße, Radfahrern bekannt, im Satellitenbild schwer zu sehen. Ich fahre ca. 27 km/h, er schneller (30er-Zone) und ohne Abstand.
Er erntet ein „Was soll das denn, Du Arsch?“
Soweit, so unspektakulär, wir haben uns ausgetauscht und könnten unserer Wege ziehen. Aber nein, er nimmt mir das übel. Hält auf der Straße an und reißt die Fahrertür auf.
Zur Erinnerung: ich bin bei ca. 27 km/h, kann gerade noch so ausweichen, fahre weiter. War gefährlicher, als es klingt. Abstand zur Tür geschätzte 10 cm.
Er ist nicht zufrieden und folgt mir. Gegenüber vom Hilton überholt er mich und schneidet mir den Weg ab. Ich kann gerade noch so halten, klappe seinen Außenspiegel ein, er steigt aus und beschimpft mich. Was ich mir erlaube, ihn zu beleidigen, und ich solle mich an die Straßenverkehrsordnung halten und außerdem soll ich halten, wenn er mit mir reden will, ich „Volltrottel“.
Mein übliches Angebot: „dann holen wir die Polizei“. Schreckt die meisten Leute ab, ihn nicht. Also rüber zum Taxistand (habe kein Handy mit), ob die die Polizei holen können: Taxifahrer und Passant (der sich netterweise als Zeuge zur Verfügung stellt) fragen, ob die Polizei nötig ist. Ist sie eigentlich nicht, ich also zum Wiesbadener, ihm das Angebot des friedlichen Trennens unterbreiten wollend. Er öffnet die Tür: „Jetzt kommen sie“. Also doch nicht.
Ich hole die Daten meines Zeugen und setze mich auf die Parkbank, meditiere über den Regen, der gerade fällt und warte auf die Polizei.
Der Wiesbadener steigt zwischendurch aus dem Auto: „Wollen wir nicht schon mal die Personalien tauschen?“ Ich: „Nein, haben Sie einen Schaden am Auto?“ Er: „Ich will sie doch anzeigen wegen Beleidigung.“ Ich: „Dann warten wir auf die Polizei.“ Ohne Personalientausch.
Nach zwanzig Minuten (gefühlt) trifft die Polizei ein, ich kläre sie auf, dass sie vom Autofahrer geholt wurden. Sie reden freundlich mit ihm, lachen etwas über Radfahrer. Er zeigt ihnen den Schaden, den ich am Auto hinterlassen habe: den eingeklappten Außenspiegel. Sie klappen ihn wieder aus. Er gibt noch den „Volltrottel“ zu. Oh Mann.
Dann kommen sie zu mir, wir reden freundlich, lachen über Autofahrer, erkennen, dass nichts passiert ist, einigen uns darauf, dass ich kein Interesse an einer Anzeige habe. Dann darf ich fahren.
Fazit: Wiesbadener – ein empfindliches Volk. Er wird erzählen, was für einen schlimmen Radelrambo er getroffen hat. Ich habe einen Blogeintrag. Alle zufrieden. Obwohl: hätte ich ein Handy mitgehabt, hätte I sich mit dazusetzen können. Wird sie also nicht zufrieden sein. Außerdem ärgere ich mich etwas, keine Anzeige gemacht zu haben. Aber nur etwas.
Was für eine Fabel, epischen Ausmaßes. Hätte die Polizei noch ein wenig länger gebraucht (von der Jägerstraße ist es ja auch ein weiter Weg ;)), dann hätte ich uns allen was vom Bäcker geholt und wir hätten gemeinsam Mittag gemacht, natürlich ohne den blöden Wiesbadener…alles nur wegen eines platten Reifens. LOL
Ein packendes Erlebnis. 🙂 Ich wundere mich immer wieder, dass Autofahrer derart ausrasten, obwohl man sich lediglich an die StVO hält (und sie nicht).
Nico
also, ich finde in so einer situation kann man zumindest eine entschuldigung verlangen. Wenn sie sich entschuldigen, muessen sie sich selber eingestehen, das sie sich falsch verhalten haben.
@Dothebart
Die Worte les ich wohl, allein es fehlt der Sinn 🙂
@Zweiradler Tja, die ob sich jemand an die StvO hält, scheint sehr individuell interpretierbar zu sein.
@dothebart Ich war schon froh, dass er mich nicht umgefahren hat und danach nicht angepackt. Eine Entschuldigung war dem völlig fremd, da ja nur ich was falsch gemacht habe.