Metakritik: James Bond

 26. März 2020 •  Ekkart •  Bond, JamesBond, Kritik •  ToDo

Bevor die Kritiken aller Bondfilme folgen, erst allgemeine Vorbemerkungen, um mich nicht zu oft bei den einzelnen Filmen zu wiederholen.

Wer ist der einzige wahre Bond?

Ich vermute, das hängt davon ab, mit welchem Bond man sozialisiert wurde. Wer zuerst Roger Moore gesehen hat, für den wird es Roger Moore sein, gleiches mit Dalton, Brosnan oder Craig. Wer George Lazenby für den wahren Bond hält, hat keinen Geschmack und keine Ahnung und sollte bei Wasser und Brot die Fast-and-Furious-Reihe bis an sein Lebensende anschauen müssen.

Ein Bond

Nachdem das geklärt ist: was macht einen Bond aus? Weltgewandtheit, Härte, Pflichtbewusstsein und eine gewisse Eleganz. Dazu ein guter Bösewicht mit einem weltumspannenden, extrem komplizierten Plan, Bond girls und aussichtslose Situationen aus denen Bond gerade so entkommen kann. Jetzt noch Bauten, Autos, Gadgets, unrealistische Actionsszenen, Oneliner und ein gesunder britischer Humor. Nicht zu vergessen: Vorspann mit Bondmusik, Titellied und Pistolenlaufsequenz.

Weltgewandtheit: Bond kennt sich in der Welt aus, besucht exotische Gegenden ohne dort fremd zu sein. Insbesondere in meiner Kindheit waren Bondfilme das Fenster zur großen, weiten Welt. Bond kennt sich mit Diamanten aus, mit Getränken, weltübergreifenden Unternehmungen – you name it. Dazu gehört allerdings auch ein sehr westlicher Blick auf die restliche Welt, der sich sehr oft in unverhohlenem Rassismus äußert. Nicht nur bei Connery, insbesondere bei den “lustigen” Moore-Filmen ist das oft über das erträgliche Maß hinaus vorhanden.

Härte: Bond hat Handkantenschläge, prügelt sich, trinkt und bleibt Herr der Lage. Das führt dazu, dass Probleme eher handgreiflich gelöst werden, je nach Bond mehr oder weniger realistisch. OK, “realistisch”.

Pflichtbewusstsein: Bond ist ein britischer Agent mit absoluter Loyalität zu Großbritannien und seinem Beruf. Er darf dort alles machen, was er will: Frauen verführen, trinken, prügeln, Leute umbringen. Er hat seinen Traumjob gefunden. Dazu gehört aber auch, dass er nicht wegen einer Frau oder RÜckenproblemen oder Gewissen oder was weiß ich seinen Beruf in Frage stellt – ich schaue auf Euch, Lazenby oder Craig.

Eleganz: wie gesagt, Bond kann sich auf jedem Parkett bewegen: auch in Casinos. Ein Smoking steht ihm und er kann ihn tragen. Dabei darf durchscheinen, dass er auch härter kann. Anders gesagt: Connery hat diese Mischung, Craig fehlt sie zum großen Teil. Brosnan hat sie auch, aber dessen Filme sind so abgrundtief schlecht…

Bösewicht: ja, daran hängt viel. Die meisten Bösen sind auch durchaus gut getroffen, mit etwas Irritation nach dem Ende des kalten Kriegs. Zum Glück wurde Spectre als allmächtige Organisation recht schnell begraben, aber wenn einem nichts mehr einfällt… Wichtig auch: solange der Eiserne Vorhang vorhanden war, wurde er auch genutzt. Und Russen und Ostdeutsche sind einfach die besten Gegner.

Komplizierte Pläne: Over-the-Top ist am besten. Plausibilität ist nicht so wichtig, wie einfache Grundidee und komplizierte Ausführung. Aber lasst mich den Plan wenigstens verstehen. Und die Idee sollte nicht nur blöd sein.

Bond girls: ja, die gehören dazu. Wie leider auch Sexismus. Warum Connery die Frauen hauen musste und warum sie ihn trotzdem unglaublich liebten – wer weiß. Man kann Frauen auch mit Bond Sex haben lassen, ohne dass das creepy oder herabwürdigend ist, siehe Brosnan oder Craig in manchen Filmen. Dennoch sollte nicht verschwiegen werden, dass Bondgirl oft nur “Sexpuppe mit Dekowert” bedeutet und dass das einer der größten Kritikpunkte an der Reihe ist. Ja, ich weiß, damals waren andere Zeiten aber die Zeiten waren damals halt auch schon Scheiße. Siehe Rassismus.

Aussichtslose Situationen: die dürfen nicht nur aussichtslos sein, sondern der Bösewicht muss Bond dann auch alleine lassen, damit er sich befreien kann. Sehr wichtig.

Bauten: legendär. Ein Bösewicht hat auch einen exzentrischen Lebensstil, wozu sollte er sonst Bösewicht sein? Und einen Hai. Oder Piranhas mit einem Ins-Piranha-Becken-Absenkmechanismus. Das muss alles futuristisch aussehen, wie man sich gerade die Zukunft vorstellt.

Autos: legendär. Aston Martin. Der aus Goldfinger.

Gadgets: legendär, leider zu Tode ironisiert und veralbert durch Moore und Brosnan, jetzt eigentlich nicht mehr nötig. Schade.

Unrealistische Actionsszenen: Ja, das ist ein zweischneidiges Schwert. Zum einen will ich, dass Bond allem entkommen kann, was auf ihn geworfen wird. Da bin ich bereit, über vieles hinwegzusehen. Aber wenn es zu viel wird, leidet der ganze Film darunter. Insbesondere, wenn Maschinengewehrsalven entweder nicht treffen oder durch einen gehobenen Arm umgelenkt werden können, aber jeder Pistolenschuss tödlich ist, geht mir das auf den Sack. Dazu blitzende Einschüsse: bis zu den 80ern ok, danach sollte das nicht mehr vorkommen. Alles eine Frage der Zeit und des Augenmaßes.

Oneliner: ja, auch die sind wichtig. Bei den guten Bonds gut, sarkastisch und humorvoll. Bei den schlechten: schlecht. Siehe Humor.

Britischer Humor: ist trocken und schwarz. Nicht Roger Moore. Nicht der blöde texanische Sheriff. Nicht Brosnans Fahrt durch Moskau. Aaaargh.

Vorspann: nackte Frauen lassen Dinge rumfliegen und fliegen selbst rum. In unterschiedlichen Ausführungen. Fand ich als Kind beeindruckend, jetzt nervig. Gut, dass es da ein Update in neuerer Zeit gab, aber unsägliche Vorspänne – das Element hat sich am längsten gehalten.

Bond-Theme: legendär. Gut. Unerreicht (außer durch Pink-Panther- und Peter-Gunn-Theme).

Titellied: legendär. Mit sehr schwachen Beiträgen in neuerer Zeit.

Pistolenlaufsequenz: legendär.

Der Name

Bond, James Bond. Ein Geheimagent(!), der seinen Namen jeder und jedem verrät, der nicht bei drei auf dem Baum ist. Der so geheim ist, dass jeder Gegner ihn mit “Ah, James Bond, Geheimdienst Ihrer Majestät, Ihr Ruf eilt ihnen voraus” begrüßt.

Der Name, der vom Ornithologen James Bond genommen wurde, dessen Werke Ian Fleming als begeisterter Vogelbeobachter kannte.

Einfluss

Legendär. Der Einfluss der Bondfilme ist kaum hoch genug einzuschätzen. Nahezu jede kann die oben angesprochenen Punkte ansehen und hat mindestens 4-5 Assoziationen. Wahrscheinlich summt man das Bond-Theme oder ein Bondlied seiner Wahl. Im Zweifelsfall Goldfinger oder Skyfall.

Heerscharen von Filmen haben sich aufgemacht, Bond nachzueifern. Meist umsonst. Aber die Bondformel hat auch die Entwicklung der Filme stark eingeschränkt, da auf fi,mische oder gesellschaftliche Entwicklungen kaum reagiert wurde. Frauen sind halt nicht nur Bimbos. Und man muss Frauen nicht hauen. Schwarze Menschen sind Menschen. Und Humor sollte lustig sein, nicht albern.

Das führte oft dazu, dass die Speerspitze des Agenten- und Actionfilms oft genug von anderen Filmen überholt und abgehängt wurde, so z.B. von den Bourne-Filmen.

Diese Entwicklungen werden leider nur sehr zögerlich umgesetzt, gerade an Spectre und dem derzeitigen Bond zu sehen (den ich noch nicht gesehen habe). Unabhängig von deren Qualität, Craig sollte keinen Bond mehr machen, hier ist eine Veränderung angesagt: Idris Elba oder eine Bond. Zeit wird es, aber da sind sehr, sehr rückschrittliche Menschen am Werk. So sehr, dass es Daniel Craig – dem hoch anzurechnen ist, dass er ein sehr normaler Mensch mit normalen Wertvorstellungen ist – schon länger reicht, Bond zu spielen.

Natürlich gibt es auch Parodien, gab es schon von den Büchern, hier wäre ein gutes Beispiel OSS 117. Der übrigens die Essenz eines Bondfilms sehr gut einfängt (die Bücher hab ich nicht gelesen). Apropos:

Bücher

Bond wurde von Ian Fleming als Buchfigur erfunden. Die Bücher habe ich gelesen und sie sind nicht besonders gut. Eher schlecht erzählter Schund, da sieht man, dass eine Verfilmung mehr aus einem Stoff herausholen kann, wenn man es kann.

Andererseits, wenn man ehrlich ist – die Filme sind storytechnisch auch eher Schund.

Fazit

Soviel der Vorrede, es gibt noch viel mehr zu erzählen und zu theoretisieren, das muss dann in den Einzelrezensionen erfolgen…