heute-Journal und Vogelgrippe

 20. Februar 2006 •  Ekkart •  Fernsehen, Journalismus, Kritik, Medien •  Rauhe Sitten

Nachdem gestern ein unwahrscheinlich schlechter und tendenzieller Bericht im heute-Journal erschien, schrieb ich eine Mail an die Redaktion. Mal sehen, was zurückkommt.

Der Brief:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte mit dieser Mail meinem Ärger über Ihre Sendung vom Sonntag Ausdruck verleihen.

Es fing bereits am Sonnabend an, als sich der Moderator bei der Berlinale-Berichterstatterin beklagte, es würden zu wenig lustige Filme gedreht, er brächte doch auch nur schlechte Nachrichten. Dabei hatte er die gestrige Sendung noch nicht einmal gesehen.

Der Bericht über die Vogelgrippe ließ mich sprachlos zurück. Ich weiß nicht, für wieviel Prozent der Bevölkerung Berlins Tamiflu zurückgestellt wurde, dank der Sendung weiß ich aber, daß uns andere Bundesländer nicht helfen würden. Außerdem scheint ja eine Epidemie bevorzustehen, da darüber berichtet wurde, daß nur ein Bundesland genügend Impfstoff hat. Insgesamt wurde der Eindruck erweckt, Deutschland wäre nicht vorbereitet auf eine kurz bevorstehende Epidemie.

Nun ist es aber (laut Ihrer Webseite) so, daß bisher um die 100 Menschen an der Vogelgrippe gestorben sind, Menschen, die direkten und intensiven Kontakt zu kranken Tieren hatten. Wenn also für 10% der Bevölkerung ein Mittel vorhanden ist, würde das in D. für ca. 8 Millionen Menschen reichen. Hört sich ausreichend an. Warum berichtet das heute-Journal dann so einseitig und tut, als stünde eine Epidemie vor der Tür? Wo ist die sachliche Information? Nur im Internet? Das ist etwas wenig.

Auch die Schelte über die unzureichenden Maßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern war nicht nachvollziehbar. Gab es da nun Versäumnisse oder nicht? Wer trägt die Verantwortung? Dürfen Vögel von der Insel fliegen oder sind Straßensperren nicht ein unwirksamer Schutz gegen eine Vogelkrankheit? Das sind Fragen, die ich gerne von Ihnen beantwortet hätte, wenn es keine Antworten gibt, wünsche ich genau das zu erfahren. So war der Bericht im besten Fall nichtssagend, für mich aber irreführend und nutzlos.

Nach dem Bericht dürfen wir noch ausführlich von einem Chansonnier und den Rolling Stones erfahren, bevor über Fußball und Olympia berichtet wird. Ist tatsächlich so wenig in der Welt passiert? Gibt es nicht genügend Nachrichten, auch welche, die neu sind und vom heute-Journal erstmalig berichtet werden könnten? Muß in einer renommierten Sendung so ein tiefes journalistisches Niveau angeschlagen werden?

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit, würde mich über eine Antwort freuen, vor allem, wenn sie über eine Standardbausteinantwort hinaus gehen würde.

Mit freundlichen, wenngleich enttäuschten Grüßen,

Ekkart Kleinod.

(archivierter Beitrag aus rauhesitten.blog.de vom 20.02.2006)