Kritik: Assassination Nation (2018)

 24. Januar 2021 •  Ekkart •  Kritik •  ToDo

Assassination Nation – ein Film, den man am Anfang durchstehen muss, denn am Ende kommt der gewaltig und dann wird einem auch der Anfang klarer.

Wir lernen vier Teenagerinnen kennen, die ihr Leben leben, gefüllt mit Zusammensein, Sex, Phantasien, Jungs, Schule etc. Das ist teilweise sehr unangenehm, denn das ist selbst für Filmschulen recht extrem, andererseits: es ist, wie es ist.

Lily, eine der vier, bekommt Probleme wegen ihres offenen Umgangs mit Sexualität. Dabei hält sie interessante Monologe über die Rolle von Frauen, Sexualität, Anforderungen an Frauen in der sexistischen US-Gesellschaft.

Die Handydaten des Bürgermeisters werden gehackt und geleakt, es stellt sich heraus, dass der LGBT-Hardliner homosexuell ist. Er erschießt sich.

Der nächste Leak ist der Schulrektor und hier stellt sich heraus, dass an sich nichts Verwerfliches auf seinem Handy ist, die prüde, verquere Doppelmoral der Amerikaner:innen jedoch in allem etwas Böses sieht. Vor allem bei schwarzen Rektoren.

Langsam macht sich Angst breit, wer der/die nächste ist bei den Leaks, es trifft die Cheerleaderin, die daraufhin mit einem Baseballschläger angegriffen wird, eine für alle nachvollziehbare Reaktion.

Und so werden die Reaktionen der Umwelt auf die Leaks immer härter, manchmal nachvollziehbar, manchmal übertrieben und es kommt, wie es kommen muss: Lily ist dran.

Und was dort geleakt wird führt dazu, dass die gesamte Vorstadt zu einem Lynchmob wird, der Jagd auf unsere vier Frauen macht, völlig sinnbefreit, gefangen in der eigenen Welt der Heuchlerei, moralischen Rechtschaffenheit, Rassismus, Sexismus und Männlichkeit.

Wie gesagt, der Film kommt hinten raus. Der Anfang ist anstrengend, aber wichtig, um zu erleben, was unsere Heldinnen mitmachen, dass sie ausprobieren, Grenzen testen, Sexualität erleben. Das ist oft nicht schön, aber nie so schlimm, dass die (bereits am Anfang des Films vorhergesagte) Reaktion der Umwelt irgendwie gerechtfertigt wäre. Und es ist der Verdienst des Films, uns auf diese Reise mitzunehmen und mal mehr, mal weniger plakativ die Absurdität der Situation zu zeigen.

In Kenntnis der immer weiter eskalierenden Situation in den USA der letzten vier (und schon 20 Jahre davor) zeigt der Film klar, wie heuchlerische Moral, die Verteuflung von Sexualität und die Glorifizierung von Gewalt zur Erstürmung des Kapitols führen kann, obwohl der Film bereits 2018 gedreht wurde.

Insbesondere die sexuelle Doppelmoral und die Rolle von Frauen im verqueren Weltbild von richtigen Männern wird glasklar dargelegt.

Glücklicherweise bietet uns der Film eine Art Happy End an, es ist völlig klar, dass in der Wirklichkeit die Männer ungestraft mit allem davonkommen würden, was sie tun, denn sie sind die eigentlichen Opfer und wehren sich ja nur. Es sei denn, sie wären schwarz.

Fazit: anstrengend, nicht einfach, aber wirklich, wirklich gut.