Kritik: Natural Born Killers (1994)

 31. Oktober 2020 •  Ekkart •  Kritik •  ToDo

Apropos Woody Harrelson: den hab ich durch Cheers kennengelernt als den grundsympathischen, ehrlichen und extrem naiven Woody, der keine Lüge kennt und alles für bare Münze nimmt. Und dann kommt Natural Born Killers.

Das war mal ein Stilwechsel, mit dem ich erst mal zurecht kommen musste. Oliver Stone war mir bis dahin bekannt durch Platoon und JFK, beides eher anspruchsvolle Filme, die ein politisches Thema aufbereiteten, aber keine Splatterfilme oder ähnliches.

Nun also Natural Born Killers, in dem wir das Paar Mickey (Woody Harrelson) und Mallory (Juliette Lewis) kennenlernen, die sich brutal (wirklich) durch das Land morden und perverserweise dadurch nicht nur bei gestörten Menschen Anklang finden, sondern auch bei der Presse, die komplett freidreht und das Paar zu einem Medienereignis aufbauscht, bei dem keine Distanzierung mehr vorhanden ist.

Hier ist insbesondere Robert Downey Jr. als zu nennen als Journalist/Fernsehmacher, der sich an Mickey und Mallory ranwanzt, die ihn solange tolerieren, wie er nützlich ist.

Aber den ganzen Film über ist klar: Mickey und Mallory sind böse. Da ist nicht verherrlichbares, da ist keine große Idee hinter ihren Taten, sie sind böse Menschen ohne jegliches Gewissen, befeuert durch Medien ohne Grenzen.

Dabei wird die Geschichte eher episodenhaft erzählt, mit Rückblenden, die zeigen, wie das bisherige Leben von Mickey und Mallory verlief. Diese sind teils skurril, teils unverständlich und teils einfach nur widerlich (Mallorys Vater (Rodney Dangerfield) z.B.).

Eigentlich ist keine Figur hier “normal”, auch Detektiv Scagnetti (Tom Sizemore) und der Gefängnisdirektor (Tommy Lee Jones) sind sehr weit vom Weg abgekommen.

Damit hat man wenig Figuren zur Identifikation, was den Film unangenehm, aber auch interessant macht. Der die gezeigte Gewalt ist nicht lustig oder gut.

Im Endeffekt sehen wir dieses Jahr sehr genau den Effekt, die die im Film gezeigte Berichterstattung bei Menschen auslöst. Damals als Übertreibung und Warnung gemeint, ist genau das durch Fox News umgesetzt worden, bei uns bewegt sich Bild auch auf diesen Weg und es wird Zeit, dass dort einmal Selbstreflektion eintritt (selbst für Bildverhältnisse ist das Blatt unter Julian Reichelt sehr weit vom Kurs abgekommen).

Dadurch ist der Film, der damals eine unglaubliche Übertreibung war, heute fast als Dokumentarfilm zu sehen (ok, nicht ganz, aber Ihr wisst, was ich meine).

Es ist immer noch ein sehr guter, intensiver, gewalttätiger und anstrengender Film. Kann man nicht jeden Tag sehen, aber wenn man in der Stimmung dafür ist, gibt es wenig besseres. Hut ab vor Oliver Stone, der auf Nummer Sicher hätte gehen können und Politfilme ohne Kanten drehen, und dann kommt so ein wuchtiger Film.

Fazit: sehr gut, sehr brutal, sehr abgefahren, Medienkritik vom Feinsten mit der sehr groben Kelle.